Scheibenstuhl: Unterschied zwischen den Versionen

Aus WALGAU WIKI
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
(Eine dazwischenliegende Version desselben Benutzers wird nicht angezeigt)
(kein Unterschied)

Aktuelle Version vom 20. Februar 2010, 14:41 Uhr

Alpiner Siedlungstyp der eisenzeitlichen Walgaubewohner als bewehrte Höhensiedlung der La Tènezeit auf bewaldetem Moränenhügel südlich von Beschling: wallartig verstürzte Trockenmauern umschließen eine ebene Fläche von 170 m x 50 m; die Sohlenbreite der Umfassungsmauern beträgt bis zu 2,60 m. Ein zentraler Lehmkern ist beidseitig durch Steinmaterial abgeblendet; darüber erhob sich die bis 1,30 m starke Umfassungsmauer, die an der Ost- und Westflanke durch Tore unterbrochen war. Trockenmauern, Steinsetzungen, Kleinpflaster, Pfostenlöcher, Herde und Feuergruben zu mehr als 10 Bauten, mit Außen-maßen von bis zu 8 x 4 m im Geviert sind nachgewiesen; am Osttor lag eine Schmiede. Funde sind Keramiken der jüngeren Melaunerkultur, hallstattzeitliche Ware, besonders latènezeitliche Graphitton-keramik. (Datierung von Hild 500 bis 300) „Auffallend ist die relative Fundarmut des Scheibenstuhls ... was vielleicht mit einer systematischen statt fluchtartigen Auflassung der Siedlung zu erklären ist.“ (Anja Rhomberg, in: Archäologie 14) Diese rätische Siedlung bestand auch noch in römischer Zeit, der Besiedlungsnachweis endet mit dem 4. Jhdt. n.Chr. (Vonbank 2-29) Das war bis 2004.

Nach dem Ergebnis der Grabung 2005/2006 ist der Scheibenstuhl keine befestigte Siedlung (Fluchtburg oder Wallburg) aus der Eisenzeit, sondern ein Platz oder ein Versammlungsort für kultische Zwecke; es gibt Hinweise auf Gebäudesetzungen (Pfostenstrukturen) und einen Brandopferplatz: die in einer Grube angeschnittenen Schichten zeigen eine Masse kalzinierter und zerhackter Knochen auf zwei Brandflächen mit jeweils etwa 10 m². Damit ist auch die Trockenmauerkonstruktion in Zusammenhang mit dem Befund des Brandopferplatzes zu sehen; die Anlage wäre in die Zeit 1500 bis 1200 zu datieren. (Karsten Wink in Elementa-1) Dem Brandopferplatz Scheibenstuhl zugehörige Siedlungen wurden bis 2009 nicht nachgewiesen - eine Verbindung mit den Steinkreisen auf der Tschengla ist jedoch nicht auszuschließen.

Der Scheibenstuhl ist nach diesen Entdeckungen zu einem neuen kulturhistorischen Anziehungspunkt geworden. Die erste Elementa-Veranstaltung 2006 wurde als offene Grabung mit viel Begleitprogramm für Schüler, Experimentalarchäologie uam. durchgeführt. Inzwischen waren etwa 5.000 Teilnehmer (Schulklassen und Besucher) bei den Veranstaltungen bis 2007/2008 dabei. Die Grabungen am Scheibenstuhl haben weit über den Walgau hinaus große historische Bedeutung.