Diskussion:Dossier: Vertragsraumordnung: Unterschied zwischen den Versionen

Zur Navigation springen Zur Suche springen
keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
(9 dazwischenliegende Versionen von 2 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
 
Der Grundeigentümer dokumentiert damit seinen Bedarf und ernsthaften Willen zur zeitnahen Bebauung des Grundstücks. [[Datei:DSC 0031.JPG|miniatur|300px]]
[[Datei:Seite3 02.JPG|miniatur|300px]]
[[Datei:DSC 0047.jpg|miniatur|300px]]
[[Datei:DSC 0158.JPG|miniatur|300px]]




Zeile 19: Zeile 22:


Die Vertragsraumordnung soll dafür sorgen, dass zukünftig keine Flächen mehr ‚auf Reserve‘ gewidmet werden. Es ist ein Instrument, mit dem sichergestellt werden kann, dass der Zweck, zu dem eine Fläche gewidmet wird, auch erfüllt wird.
Die Vertragsraumordnung soll dafür sorgen, dass zukünftig keine Flächen mehr ‚auf Reserve‘ gewidmet werden. Es ist ein Instrument, mit dem sichergestellt werden kann, dass der Zweck, zu dem eine Fläche gewidmet wird, auch erfüllt wird.
Dazu wird ein privatrechtlicher Vertrag zwischen Grundbesitzer und Gemeinde geschlossen. In diesem Vertrag verpflichtet sich der Grundbesitzer bzw. Antragsteller, die Fläche in einer festgelegten Frist in einer vereinbarten Form zu nutzen. Andernfalls drohen Sanktionen, die vertraglich festgelegt werden. Der Vertrag wird vor einer Umwidmung der Fläche in eine Baufläche abgeschlossen. Die Details werden in den folgenden Kapiteln erklärt.
Dazu wird ein privatrechtlicher Vertrag zwischen Grundbesitzer und Gemeinde geschlossen. In diesem Vertrag verpflichtet sich der Grundbesitzer bzw. Antragsteller, die Fläche in einer festgelegten Frist in einer vereinbarten Form zu nutzen. Der Grundeigentümer dokumentiert damit seinen Bedarf und ernsthaften Willen zur zeitnahen Bebauung des Grundstücks. Andernfalls drohen Sanktionen, die vertraglich festgelegt werden. Der Vertrag wird vor einer Umwidmung der Fläche in eine Baufläche abgeschlossen. Die Details werden in den folgenden Kapiteln erklärt.




Zeile 33: Zeile 36:
== Und warum löst dies das Problem des knappen und teuren Baugrunds?==
== Und warum löst dies das Problem des knappen und teuren Baugrunds?==


Das Ziel der Walgau-Gemeinden ist es, bauwilligen Bürgern seriös zu helfen. Die Vertragsraumordnung funktioniert nur im Zusammenspiel mit dem Räumlichen Entwicklungskonzept REK. Darin werden die Grenzen der Siedlungsfläche auch in einem mittel- und langfristigen Zeithorizont ausgewiesen. So entsteht für die Bürgerinnen und Bürger Planungssicherheit, welche Flächen zukünftig bebaut werden können und welche von einer Bebauung freigehalten werden sollen. Damit kann jeder Grundbesitzer mit einem Widmungsantrag warten, bis er tatsächlich ein konkretes Bauprojekt in Angriff nehmen will. Wenn aber nur noch die Flächen gewidmet werden, die tatsächlich in kurzer Zeit bebaut werden, dann wird damit die Spekulation mit Grund und Boden verhindert. Und das wirkt sich positiv auf den Baulandpreis aus. Das Problem der knappen Flächen ist damit zwar nicht gelöst, aber wenigstens ein ‚Preistreiber‘ kann verhindert werden.  
Das Ziel der Walgau-Gemeinden ist es, bauwilligen Bürgern seriös zu helfen. Die Vertragsraumordnung funktioniert nur im Zusammenspiel mit dem Räumlichen Entwicklungskonzept REK. Darin werden die Grenzen der Siedlungsfläche auch in einem mittel- und langfristigen Zeithorizont ausgewiesen. So entsteht für die Bürgerinnen und Bürger Planungssicherheit, welche Flächen zukünftig bebaut werden können und welche von einer Bebauung freigehalten werden sollen. Damit kann jeder Grundbesitzer mit einem Widmungsantrag warten, bis er tatsächlich ein konkretes Bauprojekt in Angriff nehmen will. Wenn aber nur noch die Flächen gewidmet werden, die tatsächlich in kurzer Zeit bebaut werden, dann wird damit die Spekulation mit Grund und Boden verhindert. Und das wirkt sich positiv auf den Baulandpreis aus. Das Problem der knappen Flächen ist damit zwar nicht gelöst, aber wenigstens ein ‚Preistreiber‘ kann verhindert oder zumindest deutlich erschwert werden.  


Zusätzlich will die Regio Im Walgau innerhalb der festgelegten Siedlungsgrenzen Bauland für Wohnen, Betriebsansiedlungen und Versorgungsstrukturen mobilisieren. Die Vertragsraumordnung ist also Teil einer Gesamtstrategie, die im Räumlichen Entwicklungskonzept Walgau dargelegt ist.
Zusätzlich will die Regio Im Walgau innerhalb der festgelegten Siedlungsgrenzen Bauland für Wohnen, Betriebsansiedlungen und Versorgungsstrukturen mobilisieren. Die Vertragsraumordnung ist also Teil einer Gesamtstrategie, die im Räumlichen Entwicklungskonzept Walgau dargelegt ist.
Zeile 65: Zeile 68:
== Welche Sanktionen sind denn vorgesehen, wenn ...  ==
== Welche Sanktionen sind denn vorgesehen, wenn ...  ==
* ... ich als Grundbesitzer die Vertragsbedingungen nicht erfülle?
* ... ich als Grundbesitzer die Vertragsbedingungen nicht erfülle?
Dann erhält die Gemeinde ein Optionsrecht auf das Grundstück. Dabei handelt es sich um eine zeitlich unbefristete Kaufoption, die an Dritte weitergegeben werden kann, d.h. die Gemeinde kauft das Grundstück in der Regel nicht selbst, sondern sucht einen bauwilligen Käufer. Der Grundeigentümer wird für die gewidmete Fläche zum zu diesem Zeitpunkt gültigen Verkehrswert entschädigt und erleidet damit keine finanziellen Nachteile.  
Dann muss der Grundeigentümer in einem ersten Schritt eine festgelegte Vertragsstrafe bezahlen. Führt dies immer noch nicht zum gewünschten Ergebnis (der widmungskonformen Bebauung) erhält die Gemeinde ein Optionsrecht auf das Grundstück. Dabei handelt es sich um eine zeitlich unbefristete Kaufoption, die an Dritte weitergegeben werden kann, d.h. die Gemeinde kauft das Grundstück in der Regel nicht selbst, sondern sucht einen bauwilligen Käufer. Der Grundeigentümer wird für die gewidmete Fläche zum zu diesem Zeitpunkt gültigen Verkehrswert entschädigt und erleidet damit keine finanziellen Nachteile.  




Zeile 78: Zeile 81:


Das lässt sich umgehen, wenn der Grundbesitzer selbst einen Käufer sucht und findet, von dem er den Marktpreis verlangen kann. Bei der Knappheit an bebaubarem Land sollte das kein Problem sein. Der Käufer tritt in den bestehenden Raumplanungsvertrag ein und übernimmt die Pflichten daraus.
Das lässt sich umgehen, wenn der Grundbesitzer selbst einen Käufer sucht und findet, von dem er den Marktpreis verlangen kann. Bei der Knappheit an bebaubarem Land sollte das kein Problem sein. Der Käufer tritt in den bestehenden Raumplanungsvertrag ein und übernimmt die Pflichten daraus.
Außerdem: was heißt hier ‚Geld verlieren‘? Wenn jemand Grundbesitz hat, der nicht als Bauland gewidmet ist, dann hat der vielleicht einen Wert von 10-20 € pro Quadratmeter. Und nach der Widmung ist er zwanzigmal so viel Wert. Es kann ja nicht Aufgabe der Gemeinde sein, privaten Grundbesitzer eine solche Wertsteigerung zu ermöglich und ihnen so ein Sparbuch zu schenken. Das macht die Gemeinde nur, weil sie ein Ziel verfolgt: ihren Bürgern das Bauen zu ermöglichen und Wohnraum zu schaffen. Man darf nie vergessen: Es ist der Grundeigentümer, der etwas von der Gemeinde will. Und da sollte die Gemeinde auch ein Instrument in der Hand haben, mit dem sie sicherstellen kann, dass ihre raumplanerischen Ziele umgesetzt werden.




Zeile 83: Zeile 88:
* ... was ich vorher nicht absehen konnte?
* ... was ich vorher nicht absehen konnte?


Bei einem privaten Vertrag müssen sich beide Vertragspartner einigen. Ein solcher Vertrag kann auch wieder aufgelöst oder geändert werden, wenn sich die beiden Vertragsparteien darauf einigen. Es ist kaum vorstellbar, dass eine Gemeinde in einem Notfall nicht zu Verhandlungen bereit sein sollte. Die Entscheidung obliegt dabei der Gemeindevertretung.
Bei einem privaten Vertrag müssen sich beide Vertragspartner einigen. Ein solcher Vertrag kann auch wieder aufgelöst oder geändert werden, wenn sich die beiden Vertragsparteien darauf einigen. Es ist kaum vorstellbar, dass eine Gemeinde in einem Notfall nicht zu Verhandlungen bereit sein sollte. Die Entscheidung obliegt dabei der Gemeindevertretung. Sie kann bei Härtefällen durch Beschluss den Vertrag abändern, aufheben oder die Sanktionen für einen gewissen Zeitraum aussetzen. Wichtig ist jedoch, dass dabei alle Grundeigentümer gleich behandelt werden.




Zeile 98: Zeile 103:
Natürlich kann nach wie vor jeder Grundeigentümer einen solchen Antrag stellen. Die Gemeinde bearbeitet dann den Umwidmungsantrag, es wird das ganz normale Verfahren durchgeführt. In jedem Verfahren zur Umwidmung muss geprüft werden, ob die Ziele der Raumordnung (RPG § 2) erfüllt sind. Wenn dies der Fall ist, muss dem Umwidmungsantrag stattgegeben werden.  
Natürlich kann nach wie vor jeder Grundeigentümer einen solchen Antrag stellen. Die Gemeinde bearbeitet dann den Umwidmungsantrag, es wird das ganz normale Verfahren durchgeführt. In jedem Verfahren zur Umwidmung muss geprüft werden, ob die Ziele der Raumordnung (RPG § 2) erfüllt sind. Wenn dies der Fall ist, muss dem Umwidmungsantrag stattgegeben werden.  


Zu den Zielen der Raumordnung gehören die Ziele im Raumplanungsgesetz des Landes, beispielsweise der haushälterische Umgang mit Grund und Boden und die Einhaltung der Siedlungsgrenzen. Auch die im Räumlichen Entwicklungskonzept REK Walgau formulierten Grundsätze und Ziele müssen beachtet werden. Steht ein Umwidmungsantrag im Widerspruch zu diesen Zielen oder ist er für die Gemeinde mit Kosten verbunden (z.B. Erschließungskosten) oder sind Wegerechte zu bedenken, etc., dann kann die Gemeinde den Antrag ablehnen. Für derartige Fälle ist es also sinnvoll, vorab mit der Gemeinde zu verhandeln und einen Vertrag abzuschließen, mit dem die Bedenken der Gemeinde ausgeräumt werden können.  
Zu den Zielen der Raumordnung gehören die Ziele im Raumplanungsgesetz des Landes, beispielsweise der haushälterische Umgang mit Grund und Boden und die Einhaltung der Siedlungsgrenzen. Aus diesen Gründen sind die Gemeinden – entgegen der lange geübten Praxis – künftig sehr zurückhaltend mit neuen Bauland-Widmungen. Im Hinblick auf die großen Bauflächenreserven sollen solche Widmungen künftig nur dann erfolgen, wenn tatsächlich ein konkreter, kurzfristiger Bedarf besteht. Diesen dokumentiert der Grundeigentümer, indem er mit der Gemeinde eine Verwendungsvereinbarung abschließt.
 
Auch die im Räumlichen Entwicklungskonzept REK Walgau formulierten Grundsätze und Ziele müssen beachtet werden. Steht ein Umwidmungsantrag im Widerspruch zu diesen Zielen oder ist er für die Gemeinde mit Kosten verbunden (z.B. Erschließungskosten) oder sind Wegerechte zu bedenken, etc., dann kann die Gemeinde den Antrag ablehnen. Für derartige Fälle ist es also sinnvoll, vorab mit der Gemeinde zu verhandeln und einen Vertrag abzuschließen, mit dem die Bedenken der Gemeinde ausgeräumt werden können.  


Damit gibt es aber immer noch keinen zwingenden Zusammenhang zwischen dem privaten Vertrag und dem hoheitlichen Akt der Umwidmung. Aber für die Gemeinde liegen mit einem solchen Vertrag zusätzliche Rahmenbedingungen vor, die sie beachten muss, wenn sie einen Umwidmungsantrag bearbeitet.  
Damit gibt es aber immer noch keinen zwingenden Zusammenhang zwischen dem privaten Vertrag und dem hoheitlichen Akt der Umwidmung. Aber für die Gemeinde liegen mit einem solchen Vertrag zusätzliche Rahmenbedingungen vor, die sie beachten muss, wenn sie einen Umwidmungsantrag bearbeitet.  
Zeile 179: Zeile 186:
== Braucht es dann überhaupt noch Bauerwartungsflächen? ==
== Braucht es dann überhaupt noch Bauerwartungsflächen? ==


Nein, mit dem Räumlichen Entwicklungskonzept wird beschrieben, wo zukünftig bebaut werden kann, und mit dem Vertrag wird dann die tatsächliche Verwirklichung eines konkreten Bauvorhabens sichergestellt. Die Kategorie ‚Bauerwartungsfläche‘ wird damit überflüssig.
Nein, mit dem Räumlichen Entwicklungskonzept wird beschrieben, wo zukünftig bebaut werden kann, und mit dem Vertrag wird dann die tatsächliche Verwirklichung eines konkreten Bauvorhabens sichergestellt. Die Kategorie ‚Bauerwartungsfläche‘ wird damit überflüssig. Sie bietet dem Grundeigentümer ja auch keine Rechtssicherheit. Eine Bauerwartungsfläche kann im Gegensatz zu einer gewidmeten Baufläche aus triftigen Gründen entschädigungsfrei zurückgewidmet werden.




Zeile 185: Zeile 192:


Das stimmt, aber man kann das Rad nicht zurückdrehen. Auf die schon gewidmeten Bauland-Reserven haben wir mit diesem Instrument keinen Einfluss. Hier kann nur das Land gesetzgeberisch aktiv werden und den nicht genutzten Baugrund für den Eigentümer verteuern. Aber wir können immerhin dafür sorgen, dass die ungenutzten Bauflächen nicht mehr zunehmen. Im Übrigen ist Vorarlberg das letzte österreichische Bundesland, das eine gesetzliche Regelung für eine Vertragsraumordnung getroffen hat. In anderen Bundes¬ländern wird dieses Instrument schon seit vielen Jahren angewendet.
Das stimmt, aber man kann das Rad nicht zurückdrehen. Auf die schon gewidmeten Bauland-Reserven haben wir mit diesem Instrument keinen Einfluss. Hier kann nur das Land gesetzgeberisch aktiv werden und den nicht genutzten Baugrund für den Eigentümer verteuern. Aber wir können immerhin dafür sorgen, dass die ungenutzten Bauflächen nicht mehr zunehmen. Im Übrigen ist Vorarlberg das letzte österreichische Bundesland, das eine gesetzliche Regelung für eine Vertragsraumordnung getroffen hat. In anderen Bundes¬ländern wird dieses Instrument schon seit vielen Jahren angewendet.
= Handhabung der VRO in den Gemeinden =
== Warum braucht es für die Anwendung der Vertragsraumordnung einen Grundsatzbeschluss? ==
Ein Grundsatzbeschluss der Gemeindevertretungen setzt nach außen zu den Bürgern ein deutliches Zeichen, dass alle gleich behandelt werden. Das erhöht die Akzeptanz des Instruments in der Öffentlichkeit. Dieser Gleichbehandlungsgrundsatz ist im Übrigen gesetzlich vorgeschrieben, d.h. der Grundsatzbeschluss erhöht auch die Rechtssicherheit für die Gemeinde.
== Wenn wir nun als Gemeindevertreter einen Grundsatzbeschluss fassen – ...==
* ... welche Möglichkeiten haben wir dann, das Vertragswerk und den Umgang damit zu ändern?
Ein Grundsatzbeschluss heißt zuerst einmal, dass die Gemeinde vorhat, das Instrument nach bestimmten, im Walgau gemeinsam vereinbarten Regeln anzuwenden. In begründeten Ausnahmefällen kann man davon immer abweichen – wenn man einen Grundsatzbeschluss hat, müssen diese Ausnahmefälle aber auch entsprechend gut begründet sein. Und da es sich um einen privatrechtlichen Vertrag handelt, und jeder Vertrag, der mit der Gemeinde abgeschlossen wird, in der Gemeindevertretung beschlossen werden muss, haben die Gemeindevertreter jedes Mal aufs Neue die Möglichkeit, den Vertrag nach ihren Vorstellungen zu gestalten.
== Aber wir legen uns mit einem Grundsatzbeschluss doch fest.==
* Wir wissen ja gar nicht, wie der Grundstücksmarkt in Zukunft aussehen wird.
Es ist in einem begrenzten Talraum, der wirtschaftlich gut aufgestellt ist und eine hohe Lebensqualität hat, eher unwahrscheinlich, dass Grund und Boden wieder leichter verfügbar werden. Und im Übrigen sind das die Regeln, die wir uns selber geben, weil wir sie im Moment als die richtige Antwort auf die herrschenden Verhältnisse einschätzen. Und auch die Grundsätze und Kriterien des REK müssen immer wieder mal überarbeitet werden, wenn sich die Verhältnisse ändern. Aber nicht, weil da ein Einzelfall ist, in dem ein Grundbesitzer unbedingt eine Widmung will. Einen einzigen Anlassfall kann man beim besten Willen nicht als ‚geänderte Verhältnisse‘ bezeichnen.
== Hat die Gemeinde eine Kaufoption für ein nicht bebautes Grundstück oder ein Vorkaufsrecht? ==
Das muss im Detail noch ausgearbeitet werden. Möglich ist beides: Mit einer Kaufoption kann die Gemeinde das Grundstück zum Verkehrswert selbst übernehmen und weiter veräußern. Damit können beispielsweise dann Gemeindebürger bevorzugt werden. Ein Vorkaufsrecht der Gemeinde dient vor allem dazu, dass der Antragsteller, wenn er das umgewidmete Grundstück an einen Dritten verkaufen will, die Belastung diesem nicht verschweigen kann; der Käufer ist dann bekannt und bekommt die Vertragsinhalte überbunden, wie es juristisch heißt. Dazu ist es auch sinnvoll, den Raumordnungsvertrag im Grundbuch eintragen zu lassen.
= Weitere Details zur Umsetzung der VRO =
== Wird die Vertragsraumordnung überall einheitlich angewandt? ==
Ja, das ist das Ziel. Die 14 Gemeinden in der Regio Im Walgau sollten sich auf gemeinsame Kriterien einigen, damit alle Walgauerinnen und Walgauer gleich behandelt werden. Derzeit gibt es einen Entwurf, wann die Vertragsraumordnung angewendet werden soll. Deswegen wurde ein Kriterienkatalog ausgearbeitet, der möglichst alle Fälle berücksichtigt, in denen ein solcher Vertrag raumplanerisch geboten zu sein scheint. Das Ziel ist, dass in vielen Fällen die Vertragsraumordnung angewendet wird, um sicherzustellen, dass neu gewidmeter Grund auch zum Bauen genutzt wird, denn es gibt eine sehr große Nachfrage, die befriedigt werden soll.
== Kann man das nicht grundsätzlich mit einem einfachen Standardvertrag regeln? ==
Nein, weil jeder Fall anders gelagert ist. Bei jedem Vertrag muss die Gemeinde begründen, warum er in diesem Fall abgeschlossen werden soll. Maßgeblich sind die raumplanerischen Ziele, die die Gemeinde mit dem Vertrag verfolgt. Denn ein Vertrag ist nur dann zulässig, wenn damit belegbar bestimmte Ziele verfolgt werden, die aus den Planungsunterlagen der Gemeinden (REK, etc.) begründbar sind. Das darf nicht willkürlich oder intransparent scheinen. Der haushälterische Umgang mit Grund und Boden wird dabei vermutlich immer eine Rolle spielen. Aber es sind je nach Grundstücke weitere Überlegungen anzustellen. Das kann im einen Fall um die Erschließung einer zusammenhängenden Fläche gehen und im anderen Fall um einen Fußweg, eine Grünzone oder anderes. Es gibt zwar ein vom Land in Auftrag gegebenes einheitliches Vertragsmuster, aber dieses soll je nach Einzelfall angepasst werden.
== In anderen Bundesländern wird das anders gehandhabt, ... ==
* ... beispielsweise in der Steiermark. Dort werden jährliche Strafen auferlegt oder das Land wird zurückgewidmet. Warum geht das bei uns nicht?
Eine Rückwidmung ist rechtlich problematisch und es ist nicht klar, ob ein solches Vorgehen verfassungsrechtlich Bestand hat. Deswegen hat das Land Vorarlberg diese Möglichkeit im Gesetz von vornherein ausgeschlossen und hat – im Gegensatz zu anderen österreichischen Bundesländern – eine sehr ‚defensive‘ Variante der Vertragsraumordnung gewählt, die den Grundeigentümern einen möglichst weitgehende Gestaltungsspielraum gibt.
Strafzahlungen haben zu wenig steuernde Wirkung. Wenn ich für Landwirtschaftsland 10 Euro pro qm bezahle und nachher ist es als Bauland 200 Euro wert, dann kann ich einige Strafen bezahlen und habe immer noch einen Gewinn gemacht. Und das gewidmete Land wird trotzdem nicht bebaut. Im Übrigen ist in der Steiermark auch die entschädigungsfreie Rückwidmung vorgesehen – da ist die Vorarlberger Regelung für den Grundbesitzer großzügiger.
== Gibt es auch Fälle, bei denen ein Raumordnungsvertrag für die Gemeinde Probleme bereiten kann? ==
Probleme gibt es, wenn ein Rechtsanspruch auf eine Widmung besteht, beispielsweise weil die umliegenden Grundstücke alle schon gewidmet sind, aber die Gemeinde mit dem Grund-stück ein konkretes raumordnerisches Anliegen verbindet, welches sie gern gesichert haben will (z.B. Schaffung einer Wegverbindung). Wenn in solchen Fällen kein freiwilliger Vertrag zustande kommt, dann muss dies über eine Änderung des Bebauungsplans geregelt werden.
== Gibt es verschiedene Arten von Raumplanungsverträgen? Welche? ==
* Es gibt die Verwendungsvereinbarung, das sind Vereinbarungen mit den Grundeigentümern über eine (fristgerechte) widmungsgemäße Verwendung von Bauflächen.
* Dann gibt es im Raumplanungsgesetz noch die Erwerbsvereinbarung. Das sind Vereinbarungen mit den Grundeigentümern über den Erwerb von Grundstücken durch die Gemeinde oder einen Dritten (Überlassungsverträge), bspw. um für die Deckung des örtlichen Bedarfs an Bauflächen und Flächen, die Zwecken des Gemeinbedarfs dienen, vorzusorgen.
* Außerdem gibt es noch eine Entwicklungsvereinbarung, wenn in einer öffentlich-privaten Partnerschaft bestimmte Projekte durchgeführt werden sollen.
* Im hier diskutierten Fall handelt es sich um eine klassische Verwendungsvereinbarung.
= Die Finanzierung der Vertragsraumordnung =
== Die Vertragsraumordnung verteuert doch das Bauen noch. Wer muss denn den Vertrag bezahlen? ==
Da die Widmung eine hoheitliche Aufgabe der Gemeinde ist, muss auch die Gemeinde die Kosten für die Vertragserstellung übernehmen. So lautet die herrschende Rechtsprechung, solange das Land Vorarlberg nicht eine Gebührenverordnung für die Vertragsraumordnung erlässt. Wenn der Grundbesitzer allerdings seinerseits eine Rechtsberatung in Anspruch nimmt, so muss er diese selbst tragen. Und auch die Kosten für die Schätzung für die Verkehrswertermittlung müssen im Sanktionsfall vom Widmungsantragsteller übernommen werden.
== Damit kommen doch auf die Gemeinden zusätzliche Kosten zu. ==
Das stimmt, aber sie sind notwendig, um mehr Bauland zu aktivieren. Um diese Kosten gering zu halten, hat das Land Vorarlberg für einfache Fälle eine Art Standard- Vertrag anfertigen lassen. Möglicherweise kann es ergänzend noch eine Reihe von Formulierungshilfen für verschiedene Themen geben, damit man Verträge Baukasten-artig zusammensetzen kann. Man muss aber zuerst einmal jeden Fall einzeln betrachten, denn die Ausgangslage ist oft unterschiedlich.
= Vertrauen in die Politik =
== Ist bei der Vertragsgestaltung nicht der Willkür Tür und Tor geöffnet? ==
* Und wer entscheidet dann, in welchem Falle es einen Vertrag geben soll und wann nicht?
Zum einen wollen sich die 14 Gemeinden gemeinsam auf Kriterien einigen, wann ein Vertrag zur Anwendung kommt. Zum anderen sind Verträge zwischen der Gemeinde und einzelnen Bürgern immer öffentlich und können von jedermann nachvollzogen werden. Es herrscht also große Transparenz. Umso wichtiger ist es, in jedem Vertrag auch nachvollziehbar mit den raumplanerischen Zielen der Gemeinde zu argumentieren.
== Es geht in die Politik auch um Angst und Vertrauen: Was passiert, wenn ...==
* ... mir mein Bürgermeister etwas verspricht und nach der Wahl erinnert sich sein Nachfolger nicht mehr daran?
Zuerst einmal ist es im Wesenskern der Demokratie verankert, dass kein politisch Gewählter etwas versprechen kann, was erst nach seiner Amtsperiode stattfindet. Das fällt in die Zuständigkeit der für die nächste Periode gewählten Mandatare und Amtsträger.
Zum zweiten geht es nicht mehr um ein Versprechen, sondern um Regeln, die für alle gleich sein sollen. Ein Bürger soll sich darauf verlassen können, dass er, wenn er ein Grundstück im Siedlungsbereich hat und dieses nach den räumlichen Entwicklungszielen bebaut werden kann, auch eine Umwidmung erhält – aber erst dann, wenn er tatsächlich bauen will.
Zum dritten steht nicht die Person des Bürgermeisters im Mittelpunkt. Ein Raumordnungsvertrag muss von der Gemeindevertretung beschlossen und öffentlich bekannt gegeben werden, da gibt es keine Verhandlungen im stillen Kämmerchen.
== Muss ich mir nun bei jedem Widmungsantrag einen Rechtsberater leisten? ==
* Kann ich als Gemeindebürger denn nicht mehr meiner Gemeinde vertrauen?
Das Ganze sollte so klar und transparent wie möglich sein, sodass es für jeden Bürger auch ohne Rechtsbeistand leicht verhandelbar ist. Dazu braucht es einheitliche und transparente Regeln für alle. Als Grundlage für diese Regeln gelten in Vorarlberg folgende Grundsätze:
* Die Raumplanung kommt vor dem Vertrag, d.h. zuerst müssen die Entwicklungsziele festleglegt werden, z.B. im REK.
* Die Raumplanung kommt vom Raumplaner und nicht vom Rechtsanwalt.
* Im Vertrag muss ein Zusammenhang mit den Raumplanungszielen hergestellt werden.
* Hoheitliches Handeln der Gemeinde und privater Vertrag dürfen nicht aneinander gekoppelt werden. Ein privater Vertrag findet aber beim hoheitlichen Handeln Berücksichtigung.
* Es gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
* Es gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung.
== Ist das nicht ungerecht, wenn die, die früher widmen ließen, jetzt frei von Verpflichtungen sind ... ==
* ... und die, die heute widmen lassen wollen, solche strengen Verpflichtungen auf sich nehmen müssen?
Neue Gesetze und Verordnungen verändern immer die Situation:  Dinge, die früher auf die eine Art erledigt wurden, werden plötzlich anders geregelt. Man trifft solche Regelungen ja nicht grundlos, sondern weil man ein Ziel vor Augen hat, das man erreichen will. In diesem Fall heißt das Ziel, den Bodenmarkt in Bewegung zu bringen und die Hortung von Bauland und die Spekulation mit Grund und Boden zu verhindern. Vorratswidmung verhilft zur privaten Vermögensbildung und unterstützt die Tendenz, Bauflächen als Geldanlage zu betrachten. Dies zu unterstützen ist nicht Aufgabe der Politik.
== Wer legt eigentlich am Ende fest, wie die Vertragsraumordnung angewendet wird? ==
Das Ziel der Regio Im Walgau ist es, eine gemeinsame und abgestimmte Vorgehensweise zu finden. Dazu braucht es sorgfältige und intensive Diskussionen in den 14 Gemeinden und mit den Bürgerinnen und Bürgern. Deshalb wurden bisher im Räumlichen Entwicklungskonzept noch keine Details zur Anwendung festgelegt, sondern nur der Wille formuliert, die Vertragsraumordnung gemeinsam und einheitlich anzuwenden. Dies scheint Konsens zu sein, denn im öffentlichen Auflageverfahren des REK Walgau gab es dazu keine Einwände.
Aber zur Ausarbeitung der Details sind noch einige Informations- und Diskussionsveranstaltungen nötig. Wichtig ist eine unaufgeregte und sachliche Diskussion, um die beste Lösung zu finden. Es wäre ein Zeichen schlechten Stils, würde man das Thema als Wahlkampfthema missbrauchen. Dieses Argumentarium im Wiki ist ein Beitrag zu dieser Diskussion, hier kann sich auch jede/r beteiligen – bitte schreiben Sie mit!
310

Bearbeitungen

Navigationsmenü