Bludesch-Nikolaus 6. Jhdt.
Das erstmalige Erscheinen im Jahre 451 eines Bischofs zu Chur - Asinio, episcopus ecclesiae Curiensis prima Raetiae - bedeutet nicht mehr und nicht weniger als dass in seinem Amtsbereich eine stattliche Anzahl von christlichen Glaubensgemeinschaften vorhanden sein muss: wenn bereits ein Bischof da ist, dann sind auch Pfarreien vorhanden, die älter sein müssen als der Beginn seines Episkopats. In Nenzing wurde ein auf 500/520 zu datierendes Grundmauerwerk einer kleinen Kirche nachgewiesen. Bludesch hat im Vergleich dazu die bessere Wohnlage (Sonnenseite) und die vermutlich größere Gemeinschaft mit einem Königshof "anzubieten". Die 2002 bis 2007 an der als "Filialkirche" bezeichneten Nikolauskirche im Ortsteil Zitz (Cise villa) in Bludesch umfangreichen Restaurierungsarbeiten haben zutage gebracht, dass am noch erhaltenen ältesten Mauerwerk "vorromanische Putzstrukturen" nach gewiesen werden konnten. Bei der Grabung 1966 wurde zwar der 30 cm tiefer liegende Originalfussboden freigelegt, doch in seinem Untergrund und dem aufgehenden Mauerwerk nicht weiter untersucht.
Die Bautechnik frühchristlicher Kirchen des 4./5. Jahrhunderts steht noch ganz in römischer Tradition. Zu den in den romanischen Zentren der Provinz Raetia I (Raetia prima) verbreiteten Grundrisstypen zählt der einfache Rechteckraum ohne Apsis und ausgeschiedenes Presbyterium. Dieser Typ ist besonders im Gebiet der Diözese Chur, aber auch in der Diözese Säben/Brixen verbreitet. Der vor der Erweiterung und dem Ausbau zur Apsis fast quadratische Rechtecksaal fügt sich nahtlos in dieses Schema ein; das (alte) aufgehende Fundamentmauerwerk in der Stärke von zwei römischen Schuh ist ein weiterer Hinweis auf das sehr hohe Alter dieser als Eigenkirche geführten Nikolauskirche in Bludesch. Bereits 1983 hat Zehrer - im Gegensatz zu Sydow - eine erste Anlage in die frühchristliche Zeit um 500/600 gesetzt; nach den vorliegenden Untersuchungfsergebnissen ist eine Errichtung um 430/450 nicht mehr ausgeschlossen. Ein archäologischer Nachweis dafür ist bis heute nicht erbracht worden.