Pfarrkirche Hl. Sulpitius

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"Curtis Frastinas" steht da im rätischen Güterverzeichnis von 842 und "Hoc beneficium habet Thietbertus": da ist also ein "Hof Frastanz" und ein "Lehen des Thietbert". Wenn curtis einen Königshof meint, dann müsste es auch so heißen, nämlich curtis dominica und eben nicht nur einfach Hof. Der Lehensträger Thietbert darf zwar dieses Gut wie einen Besitz verwalten, doch ist deswegen auch sein Lehen noch kein Objekt, welches Kaiser und/oder König selbst zu besuchen und zu benützen pflegen. Der König (dominicus) holt sich natürlich den Zehent - seinen Zehent. Also zählt Frastanz noch nicht zu den 19 Königshöfen des "Ministeriums in pago vallis Drusianae", wie der karolingisch geführte Walgau benannt wurde. Auch von einer Kirche (ecclesia) steht da nichts drin - Thietbert hatte demnach wohl eine Eigenkirche. [1] Die Römer haben auch nicht eine Station (Mansio) oder eine turmähnliche Burg hinterlassen, wie Ulmer meint. [2] Die als Burg Frastanz oder eben Frastafeders bezeichnete Anlage ist erst für die Mitte des 13. Jahrhunderts belegt; da gibt es keinen Zusammenhang mit römischen Kastellen oder Stationen.

Die Fundamente des ältesten Bauwerkes werden nach Sydow in das 9. Jahrhundert datiert; eine Weiheurkunde nennt 1413. Dann folgt um 1480 ein Neubau, dessen Weihe 1481 nachgewiesen wird. Nachrichten über einen Barockbau kommen um 1680; die neue Kirche wird nach den Plänen von Friedrich von Schmidt 1885 begonnen und 1888 geweiht. Die Reste und Fundamente der Vorgängerkirche(n) sind sozusagen "im Boden versunken" und nicht mehr vorhanden. 1980 bis 1985 wird gegraben, restauriert und der Kirchplatz neu gestaltet. Im Zuge dieser Arbeiten wird von Sydow [3] ein in eine romanische Apsis einbezogener älterer Mauerabschnitt ergraben, den er in die frühe Romanik datiert; ein weiterer, in der Spätgotik zum Teil überbauter Mauerzug wird auf Grund der Mauertechnik in das Frühmittelalter datiert. Damit wäre der erste steingemauerte Kirchenbau zur Zeit des rätischen Güterverzeichnis nachgewiesen.

Mit dem Kirchenpatron Sulpitius ist "Sancto Sulpitio (Severo)" gemeint, jener 591 verstorbene Bischof von Bourges (auch Sulpitius Severus genannt), welcher keinesfalls mit dem Bischof "Sanctus Sulpitius" ("Pius"), dem 646 verstorbenen "Episcopus Avarici Biturigi", verwechselt werden sollte. Die Pfarre Frastanz hatte so jedenfalls einen Kirchenpatron, der mit der frühen Nennung von Frastinas - auch ohne namentlich bezeichnete Ecclesia - parallel geht.

Die neue dreischiffige Pfarrkirche mit dem 72 m hohen Turm ist ein imposanter Bau. Ihrem "jugendlichen Alter" entsprechend und als neugotische basilikale Anlage sprengt sie mit ihrem Erscheinungsbild selbstverständlich den vorgegebenen Rahmen der "alten Kirchen". Ihre Vorgeschichte und die Lage am alten Standort einschließlich der (wenigen) Steinzeugen des Frühmittelalters lassen sie dennoch in diese Reihe eingliedern: sie ist in jeder Hinsicht NEU. Sie steht ganz im Zeichen des beginnenden 20. Jahrhunderts und ist durch DEHIO hinreichend nachgewiesen und beschrieben. [4] Das einzige "Alte" darin ist die Glocke aus dem Jahre 1512, welche die Inschrift trägt "..lut..grila..hais..ich..laserns..berger..gos..mich..M..CCCC..XII..jar" (Lazarus Berger) und der Sakristeischrank "HCNP / HRMC / YMKP .. 1680". Die jüngste Renovierung hat das ursprüngliche Aussehen bewahrt; das Presbyterium wurde zu einem Gottesdienstraum für die Werktage umgestaltet. Eine Original-Hellebarde aus der Schlacht 1499 bei Frastanz und ein alter Pflug (beim hinteren Seitenausgang) sollen gemäß der biblischen Vorlage den höchst sinnvollen Gedanken des Umschmiedens von Schwertern zu Pflügen darstellen und nachhaltig ins Bewußtsein bringen.

  1. Bündner Urkundenbuch I. Band 390 - 1199, Chur 1955, Seite 378
  2. Ulmer, Andreas: Topographisch-historische Beschreibung des Generalvikariates Vorarlberg VI. Band I. Teil, Dornbirn 1937, Seite 123/124
  3. Sydow, Wilhelm: Kirchenarchäologie in Tirol und Vorarlberg, Horn 2001, Seite 128 und 174
  4. DEHIO VORARLBERG, Wien 1083, Seite 212 ff.